"Hagenberg-Miliu bietet wohltuend Anderes als der durchschnittliche deutsche Journalismus. Sie grenzt sich vorsorglich wie trefflich von jenen Stereotypen und Zerrbildern ab, die die Darstellung Rumäniens in deutschen Medien seit 1989 leider beherrschen: Dracula, Ceausescu und den Straßenkindern. All das blendet sie nicht aus. Natürlich werden die Probleme Rumäniens im Kommunismus und der Transformation seit der Wende benannt. Aber die Autorin bleibt nicht dabei stehen. Ebba Hagenberg-Miliu schildert völlig zu Recht auch das andere Rumänien, das der Künstler und Intellektuellen."

 

Jürgen Henkel in Südosteuropa-Mitteilungen

 

 

 

 

https://www.siebenbuerger.de/bild/bucher.jpg

 

 

 

"Es ist der dritte Rumänien-Reiseführer der promovierten Philologin Ebba Hagenberg-Miliu und gehört zum Besten, was auf diesem Gebiet über das Land erschienen ist. Es sind diese zahlreichen Extra-Tipps, die jedem sein eigenes Rumänien-Abenteuer ermöglichen. Und: Direkt bei jedem Ort, jedem Nationalpark oder jeder Bergregion stehen alle hilfreichen Adressen zu Hotels und Restaurants, Öffnungszeiten oder Entrittsgeldern."

 

 Johann Steiner in der Siebenbürgischen Zeitung

 

 

 

 

"Ebba Hagenberg-Miliu bietet hervorragende, weit überdurchschnittliche Reiseliteratur zu Rumänien, die Touristen wie hier lebenden Ausländern und sonstigen Gästen des Landes erstklassige Informationen und auch Einblicke in das Alltagsleben des Gastlandes vermittelt. Es sind Reiselust weckende Lesebücher zu Land und Leuten."

 

 Jürgen Henkel in der Hermannstädter Zeitung

 

 

 

 

 

 

 

Neue Artikel über Rumänien

 

 

 

 

 

General-Anzeiger Bonn

Wochenendausgabe 2. August 2014, Journal, S. 5

 


Wer sind diese Menschen?

Roma aus Osteuropa sind sicher die am wenigsten beliebten Zuwanderer in Deutschland: Roma aus Osteuropa. Deutsche Sinti und Roma fordern auch für sie Schutz vor Rassismus und Ausgrenzung

Von Ebba Hagenberg-Miliu

 

Der junge Mann kommt den Zuhörern mit Goethe: “Hier bin ich `Rom`, hier darf ich`s sein,“ verkündet Kasm Cesmedi mitten in die Tagung der Bonner Evangelischen Akademie im Rheinland hinein. Das „Faust“-Zitat ist leicht verändert. Er hätte auch korrekt „Hier bin ich Mensch, hier darf ich`s sein“ seufzen können, schließt der Lehramtsanwärter an. Denn er freue sich ungemein, auf der Tagung „Roma – eine unerwünschte Minderheit in Europa?“ offen sprechen zu können – er sei selbst Rom. Der Kölner aus der größten ethnischen Minderheit Europas kam als Vierjähriger aus dem Kosovo. Seither ist er nur geduldet und hofft auf die deutsche Staatbürgerschaft. Kasm Cesmedi weiß, wovon er spricht, wenn er sagt: „Uns eint die historische und alltägliche Erfahrung von Rassismus, Diskriminierung und Ausgrenzung. Denn die Chancengleichheit von Sinti und Roma im öffentlichen Leben ist nach wie vor selten gewährleistet.“

 

Roma-Kinder. Foto: Ebba Hagenberg-Miliu 

Roma-Kinder. Foto: Ebba Hagenberg-Miliu

 

Damit das nicht so bleibt, unterrichtet er in einer Grundschule Roma-Kinder, stärkt sie, geht mit gutem Beispiel voran: Ein Rom kann es schaffen, sogar die Universität zu besuchen, heißt seine Botschaft. „Wir verfügen über eigene Ressourcen und Potentiale. Wir sind nicht nur Opfer oder Empfänger von Hilfe, wie sind auch stark“, fordert Cesmedi auch von seine Volksgruppe Einsatz ein. Nicht ohne an die Gesellschaft zu appellieren: Es sei an der Zeit, Roma-Familien Anerkennung zu zeigen, statt nur Integration zu fordern. Es sei an der Zeit, den schnell zu Schulversagern abgestempelten Roma-Kindern Inklusion zu ermöglichen, statt nur Drohkulissen aufzubauen. Ja, es bestehe nach dem Holocaust, dem europaweit eine halbe Million Sinti und Roma zum Opfer fielen, in Deutschland eine historische Verantwortung, den Nachkommen eine sichere Existenz, einen dauerhaften Aufenthalt, das Recht auf Arbeit, Schulbesuch und freien Zugang zu gesundheitlicher Versorgung zuzusichern.

 

Dafür erhält der junge Rom auf dieser Tagung jede Menge Applaus. Außerhalb des Schonraums Kirche sähe das wohl ein wenig anders aus. Die Hetz-Plakate einiger Parteien für die Europawahl sind noch in Erinnerung. Willkommene Argumentationshilfe gaben Videos von haarsträubenden Zuständen in Brennpunkten wie Duisburg-Bruckhausen. Überschwemmten nicht „Sozialschmarotzer“ das Land? Der Zentralrat der Sinti und Roma in Deutschland stellte daraufhin Strafanzeige wegen Volksverhetzung. Es würden primitive Ressentiments gegen die Volksgruppe geweckt. Der öffentliche Friede sei gefährdet. Die Bezeichnungen „Osteuropäer” oder „Bulgaren und Rumänen” seien nur die neue Chiffren für Sinti und Roma.

 

Wer sind eigentlich diese „Menschen, vor denen in Europa eine regelrechte „Roma-Phobie“ herrscht, wie Robert Rustem, Generalsekretär des European Roma and Travellers Forum, sagt? Rustem, selbst Rom, kann unzählige Lebensgeschichten von Roma in Ungarn, Bulgarien, Rumänien, Serbien und Mazedonien erzählen: von vielen, die integriert leben, und von anderen, die in typisch bunter Kleidung versuchten, das traditionelle Landfahrerleben weiterzuführen, aber an den Rändern der Großstädte strandeten. Roma seien in Osteuropa eine oft unerwünschte Minderheit und etwa in Ungarn auch offen diskriminiert, so Rustem. Grundlegend seien für die Integration aber befriedigende Verhältnisse in den Bereichen Arbeit, Wohnen, Bildung und Gesundheit. Alles das sei für viel zu viele Roma nicht gegeben, so dass ihre Lebenserwartung bis zu 15 Jahren unter der der Mehrheitsbevölkerung liege. „Die Bedingungen sind in den meisten dieser Staaten so schlecht, dass 40 Prozent der Roma permanent Hunger leiden und dass die Kindersterblichkeit um ein Vielfaches höher ist als bei den anderen Bürgern“, rüttelt Rustem auf. Es liefen also kaum „Sozialschmarotzer“ im reichen Westeuropa auf.

 

Kürzlich kulminierte der Hass auf gerade diese 12-Millionen-Minderheit in blanker Lynchjustiz, als in Frankreich der Mob einen Roma-Jungen ins Koma prügelte. Der Zentralrat in Deutschland warnte auch hier vor einer „zunehmenden europaweiten Hetze und Diskriminierung“, für die auch "populistische Erklärungen bürgerlicher Politiker“ verantwortlich seien. Die malten eben das eine Bild, das in immer mehr Köpfen herumspuke: von angeblichen Horden Hartz IV-kassiernden Roma, von permanenten Einbruchsserien und Straßenprostitution. Doch von „Horden“ ist derzeit wenig zu sehen. Der Zuzug von „Rumänen und Bulgaren“ sei zurückgegangen, viele seien weitergezogen, die Städte hätten ihre Melderegister bereinigt, antwortete unlängst NRW-Innenminister Ralf Jäger dem GA.

 

An Rhein und Ruhr lebten 35.000 Sinti und Roma, erläutert der Landesverband der Sinti und Roma, der am Vorplatz des Hauptbahnhofs ein Mahnmal für die im Holocaust ermordeten Mitglieder errichtete. Schlagzeilen mache dabei nur ein kleiner Teil als „Klau-Kids“ in den Fußgängerzonen oder in Problemhäusern in Dortmund oder Duisburg. Der größte Teil aber habe einen festen Wohnsitz und arbeite in gewöhnlichen Berufen. Was sich auf Nachfrage auch in Bonn bestätigt. Die Stadt erfasse Zugezogene zwar nicht nach Ethnien, aber auch „Rumänen und Bulgaren“ seien derzeit nicht vermehrt nach Bonn eingereist, sagt fürs Presseamt Marc Hoffmann. „Keine besonderen Vorkommnisse.“ Ach ja, letztens habe eine englische Roma-Gruppe auf dem Landfahrer-Platz in Beuel legal Station gemacht. „Völlig unproblematisch“, im Gegensatz zu den irischen Nicht-Roma-Landfahrern, die unlängst für Unruhe gesorgt hätten.

 

Nein, auch die Katholische Seelsorge für Roma und Sinti registriere im Erzbistum Köln keinen nennbaren Zuzug, bestätigt Diakon Bernd Dahmen, dessen Kollege Jan Opiela in der Bonner Friedrichstraße eine Anlaufstelle unterhält. „Und wenn wir über stehlende Banden sprechen: Da haben auch wir Deutschen eine ganze Reihe Experten `rumlaufen.“ Die seit Jahrzehnten ansässigen Sinti in NRW seien längst „eingesiedelt“: Sie lebten schon lange nicht mehr in Wohnwagen. „Denen merkt man nicht an, dass sie der Volksgruppe zugehören.“ Die Städte hätten zudem in Problemvierteln dafür gesorgt, dass höchstens drei der hinzugekommenen Roma-Familien in einem Block unterkämen. Dahmen kennt die Fälle, wenn Einzelne anecken. Auch ihn befremde der oft noch „gnadenlose Macho-Kult“ der älteren Generation. Aber er habe hohen Respekt vor dem großen Familienzusammenhalt der Sinti und Roma: „Wie inbrünstig sie Taufen oder Beerdigungen feiern, wie sie ihre Gräber pflegen, davon können wir uns eine Scheibe abschneiden.“

 

Der Düsseldorfer Sozialpädagoge Thomas Münch spricht sich ebenfalls für eine entspannte Reaktion auf einreisende Roma aus. „Es handelt sich hier mitnichten um Elendsmigration, sondern um eine klassische Arbeitsmigration innerhalb der EU.“ Der Leiter des Forschungsschwerpunkts Wohlfahrtsverbände widerlegt anhand seiner Studie über Zuwanderer in Köln viele Vorurteile. Befragt wurden Roma, die täglich Kölner Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe nutzten. Das Gros sei nicht in Familienclans angereist, aber durchaus handwerklich ausgebildet. Über 90 Prozent hätten keinen Anspruch auf staatliche Sozialleistungen.

 

Sie fänden aber äußerst prekäre Lebensumstände vor, gibt Münch zu bedenken. 69 Prozent seien wohnungslos, 97 Prozent nicht krankenversichert, zudem beherrsche fast keiner die deutsche Sprache. „Auf der Straße geht es seit ihrem Kommen natürlich hart zur Sache. Es gibt einen Verteilungskampf mit deutschen Wohnungslosen.“ Nötig sei also die schnelle Einrichtung von sprachlicher und lebensunterstützender Hilfe, damit sich die, die kämen, integrieren könnten. „Wir sollten ihre Fähigkeiten nicht unterschätzen und vor allem das Thema nicht politisch hochkochen.“

 

Lesenswert: die epd-Dokumentation über die Tagung der Evangelischen Akademie im Rheinland „Roma – eine unerwünschte Minderheit in Europa?“, zu beziehen über E-Mail: vertrieb@gep.de.

 

 

 

Sinti oder Roma? Mitbürger oder Ausgestoßene?

 

Die Zahlen: Sie nennen sich „die größte Minderheit in Europa“, die wohl zwölf Millionen Sinti und Roma in Europa. In Deutschland sind Sinti seit 600 Jahren beheimatet. Bis zum Ende des 15. Jahrhunderts wurden Sinti und Roma in fast allen europäischen Ländern urkundlich erwähnt, so das Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma. Die etwa 70.000 heutigen deutschen Sinti sind Bürger dieses Staates. Neben Deutsch sprechen sie als zweite Muttersprache  Romanes. Mit der EU-Osterweiterung sind in den vergangenen Jahren auch zehntausende arme Roma aus Südosteuropa in deutsche Großstädte gekommen.

 

Herkunft und Sprache: Sprachwissenschaftliche Untersuchungen weisen die Herkunft der Sinti und Roma aus Indien nach: Ihre Sprache Romanes ist mit der altindischen Hochsprache Sanskrit verwandt. In den jeweiligen Heimatländern entwickelten sich jedoch unterschiedliche Romanes-Sprachen, so auch bei den deutschen Sinti.

 

Die Bezeichnungen: In ihren jeweiligen Heimatländern West- und Mitteleuropas nennen sie sich selbst Sinti, in den ost- und südosteuropäischen Ländern Roma. Der Begriff „Zigeuner" ist dagegen eine bis ins Mittelalter zurückreichende Fremdbezeichnung und wird von den meisten Sinti und Roma als diskriminierend abgelehnt, so das Dokumentationszentrum.

 

Die Verfolgung: In Phasen des politischen und sozialen Umbruchs wurden Sinti und Roma immer wieder unterdrückt und verfolgt. Schon früh wurde ihnen die Ausübung von Handwerksberufen untersagt, aus zahlreichen Gebieten wurden sie vertrieben. Dieser Antiziganismus wies, so das Dokumentationszentrum, wie der Antisemitismus von Anfang an religiöse Aspekte auf, indem man „Zigeuner" als Heiden oder gar als Verbündete des Teufels stigmatisierte. Wie die Juden, so wurden auch die Sinti und Roma immer wieder zu Sündenböcken für alle möglichen Missstände gemacht. Parallel zur Politik der Ausgrenzung gab es jedoch auf lokaler Ebene vielfältige Formen friedlichen Zusammenlebens. Nichtsdestotrotz war das Ziel der seit 1933 organisierten rassistischen Mordpolitik der Nationalsozialisten die vollständige Vernichtung der Minderheit vom Säugling bis zum Greis. Nach Schätzungen fielen im besetzten Europa insgesamt 500.000 Sinti und Roma dem Holocaust zum Opfer.

 

Die Historie: Hetze gegen Sintiund Roma hat auch in Deutschland eine lange traurige Geschichte. Manchem dürfte aus der Kindheit noch das Volkslied „Lustig ist das Zigeunerleben“ in den Ohren klingen. Denn da wimmelte es ja auch nur so von Stereotypen über die Mitbürger, die angeblich so „lustig im grünen Wald“ campierten, „faria, faria, fum“. Wobei es hier um die seit nachgewiesenen sechs Jahrhunderten in Deutschland ansässigen Sinti handelte. Peinlich gerade auch in Zusammenhang mit der diskriminierenden Bezeichnung „Zigeuner“. Und vor allem Dynamit in der aktuell angeheizten Diskussion.

ham

 

 

 

 

 

General-Anzeiger Bonn, 21. Januar 2014

 

Vorurteile gegen Zuwanderer
Aus Rumänien und Bulgarien stammende Bonner wehren sich

Von Ebba Hagenberg-Miliu
BONN. Die Einbrecher waren gerade weg. Da tippte die eintreffende Polizei schon im Schnellverfahren auf ihre Identität: Sie hatten also die Rumänen zu Besuch, hörte Mariuca Vasa-Nicotera. Sie habe sich erst einmal vor Scham ganz klein gemacht, sagt die Kardiologin. Die Oberärztin der Uniklinik stammt nämlich selbst aus dem Karpatenland. Im Rückblick ärgert sie sich über die üblichen Vorurteile.

Beklagt wie viele ihrer Landsleute die Stimmungsmache gegen aus Osteuropa stammende Bonner: Die rumänische Ärztin am Waldkrankenhau, Mariuca Vasa-Nicotera. Foto: Frommann

"Solche Sprüche verletzen mich schon", so Vasa-Nicotera. Es gebe keinen, der sein Land freiwillig verlässt. "Rumäne gleich kriminell, diese Gleichung gehe sicher nicht auf. Unter uns Bonner Ärzten sind so viele, die in Rumänien studiert haben. Auch von so vielen Pflegekräften aus Rumänien profitieren die Bonner", sagt Vasa-Nicotera und bereitet gerade im Waldkrankenhaus einen Patienten auf einen Herzkatheter-Eingriff vor.

Im Übrigen kann Polizeisprecher Frank Piontek auf GA-Anfrage einen signifikanten Anstieg von ermittelten Tatverdächtigen aus Rumänien und Bulgarien in keiner Weise bestätigen. Und das, obwohl seit dem 1. Januar die neue Reisefreiheit auch für Bürger dieser beiden osteuropäischen EU-Staaten gilt und die Angst vor dunklen Gestalten aus Osteuropa nicht nur an Stammtischen grassiert.


Weitere Links

Freizügigkeit in der EU - Pro und Kontra
Hartz-IV-Bezieher aus Rumänien und Bulgarien oft "Aufstocker"
Hintergrund: Offizielle Zahlen zur Zuwanderung nach Deutschland
Zuwanderer: Union geht auf Konfrontation zur EU-Kommission

Allgemein mache der Anteil der nicht Deutschen im Bereich des Wohnungseinbruchs seit mehreren Jahren ein Drittel aus, sagt der Polizeisprecher. Und die stammten keineswegs nur aus zwei, sondern aus 17 Nationen. Treffen also die Horrormeldungen von ins Land stürmenden rumänischen und bulgarischen Banden und Armutsmigranten auf die Bundesstadt gar nicht zu? Von den Zahlen her lässt sich das jedenfalls belegen (siehe Kasten). Und von der Meinung der entsprechenden Community her ohnehin.

Liviu Casleanu, dem ersten Konzertmeister des Beethoven Orchesters Bonn, ist die Wut über die aktuelle Diskussion anzumerken. "Es ist beschämend, wie sich Politiker wieder Sündenböcke gesucht haben, um ihre Ziele zu verfolgen", meint der Stargeiger. Gerade aus Rumänien und Bulgarien stammten zahlreiche hochgebildete Bonner, die als Ingenieure, Ärzte und Künstler zum ökonomischen und kulturellen Erfolg im Land beitrügen.

Unter den Streichern des Beethoven Orchesters sei gerade die rumänische Fraktion führend. Wenn man die rumänischen Musiker in deutschen Orchestern zusammennehmen würde, käme man auf drei vollständige hervorragende Orchester, sagt Casleanu.

Dass aktuell gerade Zuwanderer aus Rumänien und Bulgarien soziale Probleme verursachen sollen, ist auch Catalin Ionescu, einem Diplom-Informatiker der Universität Bonn, unbekannt. Sein Institut für Numerische Simulation wird ebenfalls von einem gebürtigen Rumänen, von Professor Cristian Sminchisescu, geleitet.

"Bei uns hat die mathematische Lehre eine sehr hohe Tradition. Wir sind im Ausland sehr gefragt", meint Ionescu, der gerne in Bonn arbeitet und lebt. Und der nicht recht verstehen kann, wie die aktuelle Diskussion verläuft. Rumänische oder bulgarische Zuwanderer machten unter denen, die bei der Caritas Hilfe suchten, weiterhin nur einen geringen Teil aus, bestätigt Caritas-Pressesprecherin Mechthild Greten. "Und auch seit dem 1. Januar werden wir in keiner Weise überrollt."
Rumänen und Bulgaren in Bonn



DIE ZAHLEN

Von den Meldedaten her ist seit 1. Januar kein eklatantes Anwachsen von Rumänen und Bulgaren zu verzeichnen. Das sagt Elke Palm vom Presseamt. Ohnehin machten diese beiden Nationalitäten etwa für 2011 nur einen Bestand (also keinen Zuzug) von 2191 und für 2012 von 2432 Bürgern aus.

Markus Waschinski, Sprecher des Jobcenters Bonn, sieht die aktuelle Lage ebenfalls sehr "gelassen". Weder 2013 noch jetzt sei eine Welle an Neuanträgen auf Arbeitslosenhilfe von Rumänen und Bulgaren festzustellen: "Von einem Ansturm ist keine Spur."

Derzeit gebe es 110 erwerbsfähige leistungsberechtigte EU-Bürger (15 bis 65 Jahre) aus Bulgarien und Rumänien, die beim Jobcenter Leistungen nach dem SGB II beziehen oder beantragt haben. Bei rund 18.300 erwerbsfähigen Leistungsberechtigten insgesamt (Stand: Dezember 2013) liege der Anteil der Bulgaren und Rumänen bei 0,6 Prozent.

Artikel vom 21.01.2014

Vorurteile gegen Zuwanderer: Aus Rumänien und Bulgarien stammende Bonner wehren sich | GA-Bonn - Lesen Sie mehr auf:
http://www.general-anzeiger-bonn.de/bonn/Aus-Rumaenien-und-Bulgarien-stammende-Bonner-wehren-sich-article1247434.html#plx1784487413

Vorurteile gegen Zuwanderer
Aus Rumänien und Bulgarien stammende Bonner wehren sich

Von Ebba Hagenberg-Miliu
BONN. Die Einbrecher waren gerade weg. Da tippte die eintreffende Polizei schon im Schnellverfahren auf ihre Identität: Sie hatten also die Rumänen zu Besuch, hörte Mariuca Vasa-Nicotera. Sie habe sich erst einmal vor Scham ganz klein gemacht, sagt die Kardiologin. Die Oberärztin der Uniklinik stammt nämlich selbst aus dem Karpatenland. Im Rückblick ärgert sie sich über die üblichen Vorurteile.

Beklagt wie viele ihrer Landsleute die Stimmungsmache gegen aus Osteuropa stammende Bonner: Die rumänische Ärztin am Waldkrankenhau, Mariuca Vasa-Nicotera. Foto: Frommann

"Solche Sprüche verletzen mich schon", so Vasa-Nicotera. Es gebe keinen, der sein Land freiwillig verlässt. "Rumäne gleich kriminell, diese Gleichung gehe sicher nicht auf. Unter uns Bonner Ärzten sind so viele, die in Rumänien studiert haben. Auch von so vielen Pflegekräften aus Rumänien profitieren die Bonner", sagt Vasa-Nicotera und bereitet gerade im Waldkrankenhaus einen Patienten auf einen Herzkatheter-Eingriff vor.

Im Übrigen kann Polizeisprecher Frank Piontek auf GA-Anfrage einen signifikanten Anstieg von ermittelten Tatverdächtigen aus Rumänien und Bulgarien in keiner Weise bestätigen. Und das, obwohl seit dem 1. Januar die neue Reisefreiheit auch für Bürger dieser beiden osteuropäischen EU-Staaten gilt und die Angst vor dunklen Gestalten aus Osteuropa nicht nur an Stammtischen grassiert.
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Freizügigkeit in der EU - Pro und Kontra
Hartz-IV-Bezieher aus Rumänien und Bulgarien oft "Aufstocker"
Hintergrund: Offizielle Zahlen zur Zuwanderung nach Deutschland
Zuwanderer: Union geht auf Konfrontation zur EU-Kommission

Allgemein mache der Anteil der nicht Deutschen im Bereich des Wohnungseinbruchs seit mehreren Jahren ein Drittel aus, sagt der Polizeisprecher. Und die stammten keineswegs nur aus zwei, sondern aus 17 Nationen. Treffen also die Horrormeldungen von ins Land stürmenden rumänischen und bulgarischen Banden und Armutsmigranten auf die Bundesstadt gar nicht zu? Von den Zahlen her lässt sich das jedenfalls belegen (siehe Kasten). Und von der Meinung der entsprechenden Community her ohnehin.

Liviu Casleanu, dem ersten Konzertmeister des Beethoven Orchesters Bonn, ist die Wut über die aktuelle Diskussion anzumerken. "Es ist beschämend, wie sich Politiker wieder Sündenböcke gesucht haben, um ihre Ziele zu verfolgen", meint der Stargeiger. Gerade aus Rumänien und Bulgarien stammten zahlreiche hochgebildete Bonner, die als Ingenieure, Ärzte und Künstler zum ökonomischen und kulturellen Erfolg im Land beitrügen.

Unter den Streichern des Beethoven Orchesters sei gerade die rumänische Fraktion führend. Wenn man die rumänischen Musiker in deutschen Orchestern zusammennehmen würde, käme man auf drei vollständige hervorragende Orchester, sagt Casleanu.

Dass aktuell gerade Zuwanderer aus Rumänien und Bulgarien soziale Probleme verursachen sollen, ist auch Catalin Ionescu, einem Diplom-Informatiker der Universität Bonn, unbekannt. Sein Institut für Numerische Simulation wird ebenfalls von einem gebürtigen Rumänen, von Professor Cristian Sminchisescu, geleitet.

"Bei uns hat die mathematische Lehre eine sehr hohe Tradition. Wir sind im Ausland sehr gefragt", meint Ionescu, der gerne in Bonn arbeitet und lebt. Und der nicht recht verstehen kann, wie die aktuelle Diskussion verläuft. Rumänische oder bulgarische Zuwanderer machten unter denen, die bei der Caritas Hilfe suchten, weiterhin nur einen geringen Teil aus, bestätigt Caritas-Pressesprecherin Mechthild Greten. "Und auch seit dem 1. Januar werden wir in keiner Weise überrollt."
Rumänen und Bulgaren in Bonn

Von den Meldedaten her ist seit 1. Januar kein eklatantes Anwachsen von Rumänen und Bulgaren zu verzeichnen. Das sagt Elke Palm vom Presseamt. Ohnehin machten diese beiden Nationalitäten etwa für 2011 nur einen Bestand (also keinen Zuzug) von 2191 und für 2012 von 2432 Bürgern aus.

Markus Waschinski, Sprecher des Jobcenters Bonn, sieht die aktuelle Lage ebenfalls sehr "gelassen". Weder 2013 noch jetzt sei eine Welle an Neuanträgen auf Arbeitslosenhilfe von Rumänen und Bulgaren festzustellen: "Von einem Ansturm ist keine Spur."

Derzeit gebe es 110 erwerbsfähige leistungsberechtigte EU-Bürger (15 bis 65 Jahre) aus Bulgarien und Rumänien, die beim Jobcenter Leistungen nach dem SGB II beziehen oder beantragt haben. Bei rund 18.300 erwerbsfähigen Leistungsberechtigten insgesamt (Stand: Dezember 2013) liege der Anteil der Bulgaren und Rumänen bei 0,6 Prozent.

Artikel vom 21.01.2014

Vorurteile gegen Zuwanderer: Aus Rumänien und Bulgarien stammende Bonner wehren sich | GA-Bonn - Lesen Sie mehr auf:
http://www.general-anzeiger-bonn.de/bonn/Aus-Rumaenien-und-Bulgarien-stammende-Bonner-wehren-sich-article1247434.html#plx1392370717
Vorurteile gegen Zuwanderer
Aus Rumänien und Bulgarien stammende Bonner wehren sich

Von Ebba Hagenberg-Miliu
BONN. Die Einbrecher waren gerade weg. Da tippte die eintreffende Polizei schon im Schnellverfahren auf ihre Identität: Sie hatten also die Rumänen zu Besuch, hörte Mariuca Vasa-Nicotera. Sie habe sich erst einmal vor Scham ganz klein gemacht, sagt die Kardiologin. Die Oberärztin der Uniklinik stammt nämlich selbst aus dem Karpatenland. Im Rückblick ärgert sie sich über die üblichen Vorurteile.

Beklagt wie viele ihrer Landsleute die Stimmungsmache gegen aus Osteuropa stammende Bonner: Die rumänische Ärztin am Waldkrankenhau, Mariuca Vasa-Nicotera. Foto: Frommann

"Solche Sprüche verletzen mich schon", so Vasa-Nicotera. Es gebe keinen, der sein Land freiwillig verlässt. "Rumäne gleich kriminell, diese Gleichung gehe sicher nicht auf. Unter uns Bonner Ärzten sind so viele, die in Rumänien studiert haben. Auch von so vielen Pflegekräften aus Rumänien profitieren die Bonner", sagt Vasa-Nicotera und bereitet gerade im Waldkrankenhaus einen Patienten auf einen Herzkatheter-Eingriff vor.

Im Übrigen kann Polizeisprecher Frank Piontek auf GA-Anfrage einen signifikanten Anstieg von ermittelten Tatverdächtigen aus Rumänien und Bulgarien in keiner Weise bestätigen. Und das, obwohl seit dem 1. Januar die neue Reisefreiheit auch für Bürger dieser beiden osteuropäischen EU-Staaten gilt und die Angst vor dunklen Gestalten aus Osteuropa nicht nur an Stammtischen grassiert.
Weitere Links

Freizügigkeit in der EU - Pro und Kontra
Hartz-IV-Bezieher aus Rumänien und Bulgarien oft "Aufstocker"
Hintergrund: Offizielle Zahlen zur Zuwanderung nach Deutschland
Zuwanderer: Union geht auf Konfrontation zur EU-Kommission

Allgemein mache der Anteil der nicht Deutschen im Bereich des Wohnungseinbruchs seit mehreren Jahren ein Drittel aus, sagt der Polizeisprecher. Und die stammten keineswegs nur aus zwei, sondern aus 17 Nationen. Treffen also die Horrormeldungen von ins Land stürmenden rumänischen und bulgarischen Banden und Armutsmigranten auf die Bundesstadt gar nicht zu? Von den Zahlen her lässt sich das jedenfalls belegen (siehe Kasten). Und von der Meinung der entsprechenden Community her ohnehin.

Liviu Casleanu, dem ersten Konzertmeister des Beethoven Orchesters Bonn, ist die Wut über die aktuelle Diskussion anzumerken. "Es ist beschämend, wie sich Politiker wieder Sündenböcke gesucht haben, um ihre Ziele zu verfolgen", meint der Stargeiger. Gerade aus Rumänien und Bulgarien stammten zahlreiche hochgebildete Bonner, die als Ingenieure, Ärzte und Künstler zum ökonomischen und kulturellen Erfolg im Land beitrügen.

Unter den Streichern des Beethoven Orchesters sei gerade die rumänische Fraktion führend. Wenn man die rumänischen Musiker in deutschen Orchestern zusammennehmen würde, käme man auf drei vollständige hervorragende Orchester, sagt Casleanu.

Dass aktuell gerade Zuwanderer aus Rumänien und Bulgarien soziale Probleme verursachen sollen, ist auch Catalin Ionescu, einem Diplom-Informatiker der Universität Bonn, unbekannt. Sein Institut für Numerische Simulation wird ebenfalls von einem gebürtigen Rumänen, von Professor Cristian Sminchisescu, geleitet.

"Bei uns hat die mathematische Lehre eine sehr hohe Tradition. Wir sind im Ausland sehr gefragt", meint Ionescu, der gerne in Bonn arbeitet und lebt. Und der nicht recht verstehen kann, wie die aktuelle Diskussion verläuft. Rumänische oder bulgarische Zuwanderer machten unter denen, die bei der Caritas Hilfe suchten, weiterhin nur einen geringen Teil aus, bestätigt Caritas-Pressesprecherin Mechthild Greten. "Und auch seit dem 1. Januar werden wir in keiner Weise überrollt."
Rumänen und Bulgaren in Bonn

Von den Meldedaten her ist seit 1. Januar kein eklatantes Anwachsen von Rumänen und Bulgaren zu verzeichnen. Das sagt Elke Palm vom Presseamt. Ohnehin machten diese beiden Nationalitäten etwa für 2011 nur einen Bestand (also keinen Zuzug) von 2191 und für 2012 von 2432 Bürgern aus.

Markus Waschinski, Sprecher des Jobcenters Bonn, sieht die aktuelle Lage ebenfalls sehr "gelassen". Weder 2013 noch jetzt sei eine Welle an Neuanträgen auf Arbeitslosenhilfe von Rumänen und Bulgaren festzustellen: "Von einem Ansturm ist keine Spur."

Derzeit gebe es 110 erwerbsfähige leistungsberechtigte EU-Bürger (15 bis 65 Jahre) aus Bulgarien und Rumänien, die beim Jobcenter Leistungen nach dem SGB II beziehen oder beantragt haben. Bei rund 18.300 erwerbsfähigen Leistungsberechtigten insgesamt (Stand: Dezember 2013) liege der Anteil der Bulgaren und Rumänen bei 0,6 Prozent.

Artikel vom 21.01.2014

Vorurteile gegen Zuwanderer: Aus Rumänien und Bulgarien stammende Bonner wehren sich | GA-Bonn - Lesen Sie mehr auf:
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Roma-Frau. Foto: Cezar Miliu
Roma-Frau. Foto: Cezar Miliu
 
 
 
http://www.landeskirche-hannovers.de/imaging/lightbox/dms/evlka/frontnews/materialbox/epd_quadrat/epd_quadrat.gif?1323165134Evangelischer Pressedienst  (epd)
 
Sozialexperte: Zuwanderung von Roma politisch nicht hochkochen
Wissenschaftler fordert Hilfen zur Integration
Von Ebba Hagenberg-Miliu
 
Bonn (epd). Der Düsseldorfer Sozialpädagoge und Erziehungswissenschaftler Thomas Münch hat sich für eine entspannte Reaktion auf die steigende Zahl von einreisenden Roma aus Osteuropa ausgesprochen. «Es handelt sich hier in vielen deutschen Städten mitnichten um Elendsmigration, sondern um eine klassische Arbeitsmigration innerhalb der EU», sagte Münch auf einer Tagung der Evangelischen Akademie im Rheinland in Bonn.
 

Im Jahr 2012 seien bundesweit insgesamt 71.000 Menschen aus beiden EU-Staaten zugereist, sagte der Wissenschaftler der Fachhochschule Düsseldorf. Die Prognose für 2014, wenn die Arbeitnehmerfreizügigkeit auch für Bürger dieser EU-Staaten gelte, gehe von 100.000 bis zu 180.000 Menschen aus.

 

Als Leiter des Forschungsschwerpunktes Wohlfahrtsverbände habe er eine aktuelle Studie über die rumänischen und bulgarischen Zuwanderer in Köln erarbeitet, die viele Vorurteile widerlege, sagte Münch. Befragt wurden 120 Roma, die derzeit täglich Kölner Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe nutzten. Die meisten seien alleinstehende Männer und einige Frauen. Das Gros der neuen Kölner Roma sei also nicht in Familienclans angereist. Viele könnten eine Ausbildung in handwerklichen Berufen vorweisen.

 

Über 90 Prozent hätten keinen Anspruch auf staatliche Sozialleistungen, unterstrich der Sozialexperte. Die meisten dieser Menschen gäben aber an, dass sie in Deutschland bleiben und arbeiten wollten. «Es handelt sich also um Wanderarbeiterschaft», sagte Münch, der von 1994 bis 2004 Sprecher der Kölner Armutskonferenz war.

 

Andererseits fänden die zugereisten Roma hier äußerst prekäre Lebensumstände vor, gab der Wissenschaftler zu bedenken. 69 Prozent seien wohnungslos, 97 Prozent nicht krankenversichert, zudem beherrsche auch fast keiner die deutsche Sprache. «Auf der Straße geht es natürlich seit ihrem Kommen hart zur Sache. Es gibt Revierkämpfe, also einen Verteilungskampf mit den deutschen Wohnungslosen», sagte Münch.

 

In den sozialen Einrichtungen sei man jedoch weder sprachlich noch mit interkulturellem Know-how auf die Rumänen und Bulgaren vorbereitet. «Es scheint so, dass sich weder die Politik noch die Wohlfahrtsverbände für diese Gruppe interessieren. Spätestens im Dezember und Januar sollten aber Angebote neu geschaffen werden, damit diese Menschen den Winter überleben.»

 

Nötig sei auch die schnelle Einrichtung von sprachlicher und lebensunterstützender Hilfe, damit sich die Zuwanderer integrieren könnten. 77 Prozent der von der Fachhochschule Düsseldorf befragten Zugereisten aus Rumänien und Bulgarien hätten angegeben, diese Angebote nutzen und sich integrieren zu wollen, so Münch. «Wir sollten ihnen dafür Zeit lassen und ihre Fähigkeiten nicht unterschätzen. Und wir sollten vor allem das Thema nicht politisch hochkochen.»

 

Robert Rustem, Generalsekretär des European Roma and Travellers Forum, wies auf der Tagung darauf hin, dass Roma in den EU-Ländern Ungarn, Bulgarien, Rumänien, aber auch in Serbien und Mazedonien als meist unerwünschte Minderheit leben und in einigen Staaten auch diskriminiert werden. Grundlegend für die Integration einer Minderheit in jedem Staat seien befriedigende Verhältnisse in den Bereichen Arbeit, Wohnen, Bildung und Gesundheit. Alles das sei für die meisten Roma nicht gegeben, so dass ihre Lebenserwartung bis zu 15 Jahren unter der der Mehrheitsbevölkerung liege.

 

«Die Lebensbedingungen sind in den meisten dieser Staaten so schlecht, dass 40 Prozent der Roma permanent Hunger leiden und dass die Kindersterblichkeit um ein Vielfaches höher ist als bei den anderen Bürgern», sagte Rustem.

12/2013

Sozialexperte: Zuwanderung von Roma politisch nicht ... - epd

 

 

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Armut. Foto: Ebba Hagenberg-Miliu
Armut. Foto: Ebba Hagenberg-Miliu

 

 

 

 

Ältere Artikel über Rumänien


 

 

28.02.2002

 

Weltgebetstag der Frauen: Rumänische Christinnen rufen zu Versöhnung auf

„Zur Versöhnung herausgefordert“ sind in Rumänien auch die Kirchen

Von Ebba Hagenberg-Miliu

Sibiu (Rumänien)/Genf, 28. Februar 2002 (LWI)
- Was wohl die grösste Herausforderung beim Verfassen der Gebetstagsordnung für den 1. März 2002 gewesen ist? Elfriede Dörr, eine der Rumäninnen, die den diesjährigen Weltgebetstag vorbereitet haben, braucht nicht lange nachzudenken. „Das war das Schreiben eines gemeinsamen Geschichtsabrisses“, bekennt die Pfarrerin der Evangelischen Kirche Augsburgischen Bekenntnisses aus dem siebenbürgischen Sibiu (Hermannstadt). Dörr hatte hier mit Vertreterinnen der verschiedenen Landesteile, Ethnien und Konfessionen zunächst jeweils den eigenen Geschichtsentwurf aufgeschrieben. Dann legten die Frauen die Beiträge wie Folien übereinander. „Und dann erst kam die Arbeit, das Ringen, die Diskussion, also unsere geglückte kleine Versöhnungsübung“. Die bewertet die Pfarrerin aber innerhalb der rumänischen Gesellschaft als eine „punktuell herausragende“. Denn im Karpatenstaat sei man ja heute generell auf der Suche nach einer neuen Identität.


Und da sind gemäss dem diesjährigen Weltgebetstags-Motto letztlich alle gut 22 Millionen RumänInnen „zur Versöhnung herausgefordert“. Schwer wiegt allein schon das politische Erbe. Zudem misslang nach der Wende der Sprung in die Marktwirtschaft. Noch 12 Jahre nach der Hinrichtung des kommunistischen Diktators Nicolae Ceauşescu befindet sich ein Drittel der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze. Betroffen sind angesichts des maroden Sozialsystems besonders Alte, Kranke, Behinderte und Kinderreiche. Immerhin geht es unter der neuen Regierung in den letzten Monaten wirtschaftspolitisch wieder aufwärts, so dass auch NATO- und EU-Beitritt nicht mehr in unerreichbarer Ferne erscheinen. Die aktuelle Minderheitenpolitik im Vielvölkerstaat wird derzeit sogar vom zuständigen OSZE-Kommissar für Minderheiten, Max van der Stoel, als „modellhaft für andere Länder“ eingestuft. Und auch in den Kirchen, denen die zu 96 Prozent christlich getauften RumänInnen laut Umfrage einen immensen Vertrauensbonus verleihen, ist Bewegung spürbar – wenngleich bisher auch noch nicht eine von ihnen ihre Geheimdienst-Akten offen gelegt hat.

„Die Kirchen nehmen jetzt bewusst diakonische Aufgaben wahr. An den Schulen wird wieder Religionsunterricht erteilt. Die Eltern dürfen wählen, welchen“, erklärt die lutherische Gemeindehelferin Gerhild Cosoroabă, die die rumänische Weltgebetstags-Arbeit koordiniert. Gelöst sind inzwischen auch einige der Streitigkeiten, die sich die jahrzehntelang verbotene Minderheitenkirche der Griechisch-Katholischen mit der absoluten Mehrheitskirche der Rumänisch-Orthodoxen, zu der rund 87 Prozent der Bevölkerung gehören, um die Rückgabe ihres rechtmässigen Besitzes liefert. Schon regelrecht ökumenisch gehen derzeit LutheranerInnen und Rumänisch-Orthodoxe z. B. im Widerstand gegen Rumäniens ersten Vergnügungspark „Dracula-Land“ bei Sighisoara/Schässburg vor. Bei den LutheranerInnen selbst, die sich mit 32.000 Ungarischsprachigen (Evangelisch-Lutherische Kirche Augsburgischen Bekenntnisses in Rumänien) und nur noch 16.000 Deutschsprachigen (Evangelische Kirche Augsburgischen Bekenntnisses in Rumänien) in wachsender Diaspora befinden, packt man kräftig in Seelsorge, Jugend- und Altenarbeit an.

„Viele Menschen sind auf die Hilfe der Kirche angewiesen, sei es materieller oder spiritueller Art“, weiss Birgit Hamrich aus dem siebenbürgischen Bistritz. Die Pastorin war Mitte der 90er Jahre als erste Frau in der Evangelischen Kirche A. B. in Rumänien ordiniert worden. Inzwischen sind schon die Hälfte aller TheologiestudentInnen in Hermannstadt weiblich – auch das signalisiert den kirchlichen Aufbruch. Und der ist bei den deutschsprachigen LutheranerInnen auch in anderer Hinsicht greifbar. Zwar sind die Gläubigen im letzten Jahrzehnt zu vielen Zehntausenden in die „fremde Heimat Deutschland“ abgewandert. Auch einige PfarrerInnen gingen. Unter den verbliebenen Siebenbürger Sachsen sind nun aber sogenannte Mischehen mit RumänInnen nicht mehr verpönt. Folgerichtig öffnet man sich auch sprachlich. Jetzt wird in Gottesdiensten zunehmend deutsch und rumänisch gepredigt, wenngleich das natürlich einige ältere Gemeindeglieder, denen die Kirche gerade ihre ethnische Identität stärkte, schmerzt.

„Aber nur Zweisprachigkeit erhält unserer Kirche die Chance auf eine Zukunft“, argumentieren die Jüngeren. Die wiederum in der diesjährigen Weltgebetstags-Arbeit, für die sich in Rumänien gerade die Lutheranerinnen schon seit den 70er Jahren einsetzen, ein Zeichen der Ökumene setzen wollen. „Es gibt in Rumänien das ganze Jahr über geschwisterliche Zusammenarbeit, die Menschen verschiedener Kirchen und unterschiedlicher Volkszugehörigkeit verbindet“, betont Gerhild Cosoroabă. (616 Wörter)

(Ein Beitrag von Ebba Hagenberg-Miliu, Mitautorin der Materialien 2002 des Deutschen Weltgebetstags-Komitees.)

 

 

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Ovid in Constanta. Fot: Ebba Hagenberg-Miliu
Ovid in Constanta. Fot: Ebba Hagenberg-Miliu

 

 

 

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Schätze der Welt. Erbe der Menschheit. Die UNESCO-Liste der Kulturdenkmäler und Naturparadiese dieser Erde,

Band 4, Chronik Verlag, S. 110f.

 

Biosphärenreservat Donaudelta

Über ausgedehntem Schilfgürtel Europas letzte Pelikane

Von Ebba Hagenberg-Miliu

 

Da war selbst der verwöhnte Weltbürger beeindruckt. An "Donaus wildes Gestad", nämlich ins Mündungsgebiet der Donau, war im Jahre 8 nach Christus der aufmüpfige Dichter Ovid von Kaiser Augustus verbannt worden. Und jetzt schrieb der an mildere Temperaturen gewöhnte Mittfünfziger hier, am zweitlängsten Fluss Europas, der "leugnet, dass du, Nil, ihn an Größe besiegst", erstaunt nieder, wie "die blauen Gewässer bei dauernden Stürmen gefrieren", so dass "eingeschlossen von Frost stehn da wie in Marmor die Schiffe". Bei Ausflügen ins riesige Delta-Schwarzmeer-Gebiet notierte der Großstädter sofort Beobachtungen, die - wie einst Griechen und Genueser, Türken und Tataren - genauso noch heutige Besucher machen können: "Flüsse vermischen sich hier mit dem abgeschlossenen Pontus, die durch die große Zahl schwächen die Kräfte des Meers".

 

Die meisten Touristen des Computerzeitalters beginnen ihre Ausflüge ins idyllische Land-Wasser-Dreieck vom Donauhafen Tulcea aus, dem antiken Aegisos. Dicht an dicht warten hier heute moderne Linien- und Kreuzfahrtschiffe, alte Anglerjollen und schnittige Motor- und Segelboote auf geldbringende Kundschaft. Vom Anleger "Faleza" aus sind alle drei Hauptarme der Donau bestens zu erreichen, so auch der nördliche Chilia, den man bis zur abgeschiedenen Ortschaft Periprava an der ukrainischen Grenze befahren kann. Dort sieht man Fischreiher, die auf eine leckere Fischmahlzeit warten, regungslos im Flachwasser stehen, während Löffler und Sichler seihen und sich im Schilf verbergen. Über ihnen drehen Rotfußfalken ihre Runden, und in der Dämmerung begeben sich Waldkauze auf Beutezug. Auf dem westlicheren Festlandstreifen Chilia schleichen noch Wölfe, Füchse und Wildkatzen durchs Unterholz. Auf dem südlichsten Donauarm, Sfântu Gheorghe, sammelt man bis zum gleichnamigen Schwarzmeer-Mündungsort ebenfalls unvergessliche Eindrücke: Eine Vielzahl sich ineinander verflechtender Pflanzen bildet hier schier unübersehbare, schwimmende Vegetationsinseln, auf denen Stelzenläufer und Säbelschnäbler reiches Futter finden. Am Himmel drehen derweil Zwergscharben und die weltweit seltenen Rosa und Krauskopf-Pelikane in Seelenruhe ihre Kreise, ehe diese etwas unbeholfen auf dem Wasser aufsetzen, um Fische aus dem Wasser in ihren Kehlsack zu schöpfen.

 

Am leichtesten ist es heutzutage von Tulcea aus, den mittleren und extra begradigten Donauarm Sulina bis zur gleichnamigen Mündungsstadt zu bereisen, bei der sich breite Sandstrände und gelbweiße Dünen bis ins Unendliche auszudehnen scheinen. Unterwegs sieht man Kühe und Pferde auf sattgrünen Wiesen weiden. Ab und zu leuchten weiß gekalkte und schilfgedeckte Dorfhäuser mit bordürenartigem Wandschmuck und bunten Fensterklappen aus dem Blättermeer. Im Dünenstreifen Grîndul Caraorman gehen Würgfalken und Seeadler auf Jagd. Dringt man etwa beim Ort Crisan ins sumpfige Gebiet der Alten Donau ein, suchen im blaugrünen Wasser unter dem Boot Barsche, Hechte, Zander und Karpfen das Weite.

 

An der Fischabnahmestelle Mila 23 kommt man vielleicht auch mit ein paar scheuen Deltabewohnern, zum Teil hellhäutigen, ehemals aus Russland stammenden Lippowenern, ins Gespräch. Bis zum Sturz des damaligen Diktators Nicolae Ceausescu 1989 bangten sie jahrzehntelang mit Recht um ihre Existenz, da gerade hier, im Labyrinth der unzähligen und sich ständig verändernden Flussverästelungen, im Zuge einer verordneten Industrialisierung das Gleichgewicht der Natur empfindlichen Störungen ausgesetzt war. Auch die Lebensgrundlage der heute bedenklich überalterten Bewohner des Deltas, die extensive Landwirtschaft, war massiv bedroht. Wie gut also, dass zumindest ein Viertel dieser einmaligen Wasserwildnis zum Biosphärenreservat erklärt werden konnte. Besonders seit einigen Jahren versuchen, auch unter den Fittichen einer demokratischen Regierung in Bukarest, einheimische und internationale Fachleute, den biologischen Reichtum der Herzzonen des Deltas ins nächste Jahrtausend hinüberzuretten. Und dies hätte schließlich auch dem von der Donau begeisterten römischen Dichter der "Metamorphosen" gefallen.

 

 

Schätze der Welt | SWR.de

 

 

 

 

 

 

 

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